Die Sache mit dem Kaninchengespenst

Nach den ganzen Erlebnissen mit Efrafa und dem Kampf gegen Woundwort hatten sich fünf Kaninchen Hazel und den anderen angeschlossen. Vier davon hatten sich schnell eingelebt und hohes Ansehen erlangt, nachdem sie sich als hervorragende Fährtenleser (wie z.B. Groundsel) und anderes herausgestellt hatten – nur Coltsfoot nicht. Er war stets ein verdrießlicher und schweigsamer Rammler, der immer alleine silflayte und auch sonst immer alleine sein wollte – selbst mit den anderen Efrafas redete er kaum. Der erste Winter schritt voran und Hazel und die anderen ließen Coltsfoot in Frieden, weil es das zu sein schien, was er wollte.

Kehaar und seine Möwen-Freundin Lekkri kamen nach Watership Down und Dandelion erzählte dem gefiederten Freund erst mal von der Schlacht und den ganzen Erlebnissen, die er ja versäumt hatte.

Blackavar trainierte inzwischen Scabious und Threar und nimmt sie eines Tage mit auf eine Tour in einen Menschengarten – erst spät kehren sie zurück, sind völlig verdreckt und Scabious stammelt die ganze Zeit, er habe ein Gespenst gesehen; den Geist des Generals.

Auf die Kommentare der anderen, es gäbe keine Geister, und auf Hazels Zureden, dass er noch nie ein Kaninchen gesehen hätte, das einem Geist begegnet wäre, beginnt Coltsfoot endlich zu sprechen. Er erzählt, dass er ja eigentlich kein Efrafa-Kaninchen sei, sondern aus einem Gehege aus Nutley Copse komme. Dort gäbe es in der Nähe ein Tal mit Brombeerbüschen und leeren Kaninchenbauten und niemand aus Nutley Copse hätte sich je dort hin gewagt, weil der Ort verflucht sei.

 

Als er noch jung war – erzählte er – wollten er und zwei andere Rammler, sowie ein junges Weibchen, sich ein besseres Gehege als Zuhause suchen, weil sie in Nutley Copse nicht so zufrieden waren. Sie reisten am Morgen eines April-Tages los, jedoch lief es nicht wie geplant – das Wetter spielte ihnen übel mit, sie wurden von einer Katze verfolgt, von einem Großwiesel angegriffen und verloren schließlich die Orientierung. Das Großwiesel tötete auch noch Mian, die drei Rammler konnten jedoch entkommen. Doch der eh schon schüchterne Fescue war seitdem verwirrt und ängstlich gewesen.

Sie beschlossen also zu ihrem Gehege zurückzukehren, jedoch verliefen sie sich immer weiter und purzelten schließlich durch Brombeerhecken, wo sie auf ein fremdes Kaninchen trafen. Sie erkannten, dass sie an dem verfluchten Ort gelandet waren, doch das Kaninchen schien sie gar nicht zu bemerken. Es hatte keinen Geruch und machte auch keine Geräusche, doch am Seltsamsten war, dass es nicht einmal zuckte, als ihm eine große Fliege ins Auge flog; und als es einen Sprung nach vorne machte, lag sie hinter ihm auf dem Boden.

Sie bemerkten wie ein großer Junge durch das Gestrüpp gekrochen kam, doch auch er hatte weder einen Geruch, noch machte er Geräusche. Er hatte eine Schleuder dabei und schoss mit einem Stein auf das unheimliche Kaninchen – dessen Bein brach und es schrie und zuckte am Boden. Der Junge lachte und freute sich; er freute sich nicht nur darüber, dass er ein Kaninchen erlegt hatte, sondern darüber wie es litt.

Dann erschienen plötzlich zwei Männer und der Junge und das Kaninchen schmolzen vor ihren Augen dahin. Die Männer brachten den toten Körper eines Kaninchens mit, welches an der Weißen Blindheit verendet war, und legten es in eines der Kaninchenlöcher, damit sich die anderen Kaninchen daran anstecken sollten. Eigentlich suchten sie das Gehege von Groundsel und den anderen, doch sie waren glücklicherweise nur auf das verlassene Gehege gestoßen.

 

Nach diesen Erlebnissen kehrten Coltsfoot, Stitchwort und Fescue zu ihrem Gehege zurück; Fescue verschwand sofort in einem Bau und Coltsfoot sah ihn nie wieder. Stitchwort und er lebten danach zusammen in einem Bau, doch sie redeten nie mehr über die Geschehnisse der Reise.

 

Abschließend zu dieser Geschichte sagte Coltsfoot, dass er nicht schweigsam und unfreundlich sei, weil er die Kaninchen hier nicht mögen würde, sondern weil er immer nur an die Geschehnisse von damals und das unheimliche Kaninchen denken musste – er fragte sich ob es immer noch litt und ständig die Qualen durchleben musste. Da sprach Fiver zu ihm und sagte, dass das alles gar nicht wirklich gewesen sei, sondern schon längst vergangen und das müsse er annehmen um damit abschließen zu können; und Coltsfoot nahm es an.

 

Nachdem Coltsfoot diese Geschichte erzählt hatte freundete er sich langsam mit Fiver an und als der Frühling anbrach war aus dem einst mürrischen Kaninchen ein offenherziger redseliger Kumpane geworden.

 

Aus "Neues vom Watership Down"

Englischer Originaltitel: The Rabbit's Ghost Story

 

Anmerkung: Die deutsche Übersetzung hat bei der Anzahl der Efrafa-Kaninchen einen kleinen Fehler begangen – so dass es nur vier Kaninchen sind, die sich Hazel und den anderen angeschlossen haben und nur drei davon, die sich schnell eingelebt haben.

Zurück zur Liste